Den American Dream gibt es für mich nicht mehr…

Die 22-jährige Natalia Chicu wurde in Chinisau, in der Republik Moldau geboren. „Am meisten weiß ich die Leute in Moldawien zu schätzen. Ihre Gastfreundlichkeit und Herzlichkeit sind besonders ausgeprägt. Sie würden alles mit dir teilen. Man kann immer mit ihnen reden, das vermisse ich manchmal“, erzählt sie.
Das Essen sei großartig, wie zum Beispiel Mămăligă. „Das ist eine Art Polenta, aus Mais hergestellt. Wir essen es zusammen mit Käse und Sour Cream“, schwärmt sie.
Abgesehen davon sei die Landschaft sehr schön und der Wein besonders. Moldawien exportiert fast seinen gesamten Wein. „Meine Großeltern stellen ihren eigenen Wein her“, sagt sie. Natalia Chicu ist stolz aus der Republik Moldau zu sein. „Nicht wegen der Politik, aber das trifft auf alle Länder zu, in denen ich lebte: Moldawien, Israel und die USA. Politik ist immer ein Problem“, weicht sie aus. Es gebe Chancen auf gute Jobs in der Republik Moldau. Doch selbst sehr kluge Leute bekämen nicht ausreichend Respekt. Deshalb gehe ein Großteil der jungen Leute ins Ausland. Dort fühlen sie sich ermutigt, sich weiterzuentwickeln und unkonventionell zu denken. „Ich glaube, es sind Überreste des sowjetischen, konservativen Denkens. Man wird in Moldawien bei der Arbeit von Kollegen verurteilt, das erzählen mir auch viele meiner Freunde. Wenn man dagegen in die Welt hinausgeht, als würde sie einem gehören, mit all dem eigenen Wissen, findet man sich selbst“, erklärt Natlia Chicu.
Trotzdem fände sie es wundervoll eines Tages wieder in der Republik Moldau zu leben! Sie ist Einzelkind. Ihr Zuhause sei kein bestimmter Ort, sondern ein Gefühl. Dort, wo ihre Eltern sind. „Sie könnten umziehen und wo immer sie dann wohnten, wäre mein Zuhause! Sie besuchten mich in Bulgarien an meiner Uni und ich vermisste sie vorher wahnsinnig. Ganz plötzlich fühlte es sich an wie zu Hause“, lacht sie. Auch wenn sie ihren Verlobten in Israel besuche, sei sie glücklich und das hänge nicht mit dem Ort zusammen.
Sie wünscht sich, dass Moldawien eines Tages zur Europäischen Union gehört. „Ich bin eigentlich Rumänin und habe einen moldawischen und einen rumänischen Pass. So fühle ich mich als Halbmoldawierin und Halbeuropäerin“, lacht sie. Die Russen trennten die heutige Republik Moldau in der Vergangenheit in einen rumänischen und einen russischen Teil. Die Hälfte der Rumänen nimmt der EU gegenüber eine positive Haltung ein und würde ihr gerne beitreten. Das würde vieles leichter machen ist Natalia Chicu überzeugt, zum Beispiel in wirtschaftlicher Hinsicht. Auch würde es die Bevölkerung und die generelle Denkweise ändern sowie die Bildung verbessern.
Natalia Chicu spricht sechs Sprachen und ist dabei eine Siebte zu lernen. „Ich spreche Rumänisch, weil ich mich so mit meinen Eltern verständige“, sagt sie. Englisch ist ihre Zweitsprache, sie lernte sie bereits im Kindergarten. Russisch hörte und lernte sie auf den Straßen. Französisch hatte sie in der Schule und übt es jetzt gerade während eines Praktikums in Frankreich. „Italienisch ist dem Rumänischen sehr ähnlich! Ich spreche es nicht fließend, aber Konversation ist möglich“, erklärt sie. Bulgarisch lernte sie, als sie anfing, an der Amerikanischen Universität in Bulgarien (AUBG) zu studieren. Jetzt lernt sie Hebräisch, weil ihr Verlobter in Israel lebt.

„Wenn du aus deinem Land gehst, ergibt sich eins aus dem anderen, es ist wie eine Verbindung, als ob du fliegst…“
„Ich machte in Paris eigentlich einen Austausch an der Uni. Aber den beendete ich, weil ich mit einem betriebswirtschaftlichen Programm beginnen konnte. Es dauert sechs Wochen, danach arbeite ich an einem Gruppenprojekt und anschließend mache ich für vier Monate ein Praktikum in einem Start-up“, erzählt sie. Sie ist sehr dankbar dafür und liebt die Leute, mit denen sie zusammenarbeitet. Sie lebt in ihrem eigenen Appartement. „Ich habe entschieden, dass ich meine eigene Küche und alles haben will. Ich suchte etwa zwei Monate“, sagt sie.
Nach ihrem Aufenthalt in Paris geht Natalia Chicu zurück nach Bulgarien. Dort studiert sie Business Administration mit dem Schwerpunkt Management und im Nebenfach Marketing Communication. „Das wird mein letztes Jahr, dann mache ich meinen Bachelor“, lacht sie. Für ein Work-and-travel ging sie zwei Mal in die USA, 2017 und 2018. Natalia Chicu spricht über ihre Hoffnungen und Träume sowie ihre Enttäuschungen in Bezug auf die USA.
Wovon träumten sie als Kind?
Ich hatte viele Träume, sie wechselten ständig (lacht). Ich war ein sehr stilles Kind, dachte viel nach und redete nicht viel. Mein größter Traum war, erfolgreich zu werden, komme, was da wolle. Das bedeutet für mich, aus meiner Komfortzone herauszugehen, Neues zu lernen und das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Mein Traum war es, ins Ausland zu gehen.
Seit wann träumten sie von den USA?
Schon als Kind.
Wieso studierten sie in Bulgarien und nicht in den USA oder in der Republik Moldau?
Ich wurde in der High-School dazu inspiriert, ins Ausland zu gehen, als ich ungefähr 16 Jahre alt war. So begann meine Reise (lacht). Als ich die zwölfte Klasse abschloss, wollte meine Familie, dass ich nach Rumänien ziehe, weil es näher an Moldawien liegt. Mein Traum waren jedoch die Vereinigten Staaten. Wir konnten uns nicht einigen und kamen zu dem Kompromiss, dass ich nach Bulgarien gehe. Eine Freundin bestärkte mich darin, also probierte ich es aus und bin sehr dankbar dafür.
Wie kamen sie damit zurecht, dass der Unterricht an ihrer Uni ausschließlich auf Englisch stattfindet?
Anfangs war es sehr herausfordernd. Mein ganzes Leben, vor allem in der Schule, wurde mir britisches Englisch beigebracht. Die ersten zwei Monate konnte ich mich nicht an den amerikanischen Akzent gewöhnen. Die Professoren hatten auch alle verschiedene Akzente und ich war nur den Rumänischen gewöhnt. Obwohl sie Englisch sprachen, verstand ich nichts. Aber mit der Zeit gewöhnte ich mich daran (lacht).
Was waren ihre Hoffnungen, als sie das erste Mal in die USA reisten?
Ich hoffte, neue Leute kennenzulernen, die anders sind als ich. Ich wollte wissen, wie das Leben in den USA wirklich aussieht. Ich hatte auch die Vorstellung vom American Dream, wie man ihn aus den Filmen kennt. Meine Hoffnungen bezogen sich mehr auf ein Gefühl, das ich erwartete, als auf bestimmte Dinge, die ich vielleicht sehen und erleben würde. Als ich dort ankam, waren die Leute sehr gastfreundlich, alle grüßten und waren nett zu mir. Sie wirkten sehr offen. Trotzdem war es schwierig. Im ersten Jahr blieb ich deshalb nur einen Monat, statt den ganzen Sommer. Beim zweiten Mal war es sogar noch schwieriger für mich, weil ich direkt nach meinem Semester in die USA flog.

„Ich traf Leute aus aller Welt. Solche Bekanntschaften verändern einen, man versteht andere besser. Alle sind verschieden, aus unterschiedlichen Kulturkreisen, haben andere Denkweisen.“
Was waren ihre Aufgaben während des Work-and-Travel?
Ich war Empfangsdame und Dienstmädchen in einem Hotel. Es war sehr einfach. Ich sollte ordentlich aussehen und die Gäste willkommen heißen. Es war ein sehr schönes und traditionelles Ressort. Die Gäste sollten sich von Anfang an wohlfühlen. Ich arbeitete manchmal 14 bis 15 Stunden am Stück, das war teilweise hart.
Wie war es, von einer Eliteuniversität in die USA zu gehen und dort Arbeiten zu verrichten, die US-amerikanische Studenten nicht machen wollen?
Das war nicht immer leicht. Ich versuchte jedoch, meine Aufgaben trotzdem gut und gewissenhaft zu erledigen und anderen gegenüber fair zu bleiben.
Wie war die Bezahlung?
Nicht sonderlich gut. Einige, die mehrere Jobs gleichzeitig haben und dementsprechend keine freien Tage, können in einem Sommer trotzdem circa zehntausend Dollar und mehr verdienen. Auch ich erarbeitete mir eine anständige Summe, mit der ich das kommende akademische Jahr finanziere. Das Leben in Bulgarien ist wohlgemerkt auch recht billig (lacht). Es ist ein gutes Gefühl, wenn man sein eigenes Geld verdient. Ich bin jedoch nicht deswegen in die USA gegangen, sondern, um neue Erfahrungen zu machen und Leute kennen zulernen. Daher versuchte ich stets, zwei freie Tage pro Woche zu bekommen. Ich wollte die Zeit in den USA genießen. Ich finde es wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass Geld nicht alles ist. Ich kenne Studenten, die sehr hart arbeiteten und am Ende des Sommers starke Rückenschmerzen oder andere gesundheitliche Probleme hatten. […]
Transkription: Amélie Gloyer

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