Flashback – Polarkreis

Last nomads – Im Land der Sámi

Das geht ja gut los: nämlich gar nicht! „For your safety, we have decided to cancel the traffic“, teilt das Bahnunternehmen mit. „There is a risk that the temperature may go below -30° C“, auf der über 500 Kilometer langen Zugstrecke zwischen Luleå in Schweden und Narvik in Norwegen. „North of Kiruna the trains run long distances trough roadless land“, das war der Grund, warum wir diese Strecke nicht mit dem Auto fahren können! Wir wollten auf die Bahn ausweichen, denn Fliegen kommt zum Schutze des Klimas nicht in Frage! „This means a limited possibilty of evacuating if something should happen to infrastructure or vehicels.“

Ich habe plötzlich mächtigen Respekt davor, ins Land der Sámi zu fahren!

Die Samen sind ein eingenständiges Volk. Ihr Siedlungsgebiet erstreckt sich über Schweden, Norwegen und Finnland bis nach Russland. Die ursprünglichen Sprachen der Samen sind mit dem der Finnischen und Ungarischen verwandt. Die Selbstbezeichnung Sámi, bedeutet so viel wie „Sumpfleute“. „Mindestens 20.000 Sámi leben heute in Schweden“, laut Angabe des Nordischen Museums in Stockholm. Die Samen waren von Anfang an Sammler, Fischer und Jäger, die unter anderem wilde Rentiere jagten. Später begannen sie damit, Rene zu zähmen und als Zug- oder Locktiere bei der Jagd einzusetzen. Im Laufe der Zeit gingen die Sámi dazu über, domestizierte Rentiere in kleinen Herden zu halten. In Schweden gibt es heute noch über 2000 aktive Züchter.

Viele Samen wandern auch gegenwärtig noch mit ihrer Herde.

Eine Sage der Sámi lautet so: Ein Junge geht zur Jagd und findet bei seiner Rückkehr Mutter, Vater und Schwester grausam ermordet. Während seiner Flucht, verletzen ihn die Tschuden, skrupellose, herummarodierende und äußerlich Wikingern ähnelnden Männer. Der Junge rettet sich auf Brettern, den Vorläufern der Skier, in die nächste Sida, ein Sámi-Jurten-Dorf.

Die Tochter des dortigen Schamanen, Noajde auf samisch genannt, pflegt ihn gesund und verliebt sich in ihn.

Der Rest der Sippe fürchtet, dass die Spuren des Jungen die Tschuden zu ihnen führt. Sie fliehen mit Rentierschlitten auf Brettern, über die Berge, ans Meer.

Sie fürchten den Kampf, denn Sámi waren nie Krieger.

Der Junge will bleiben und schwört Rache für seine ermordete Familie. Dem Schamanen erscheint ein weißes Rentier in einer Vision. Es ist das dritte Mal in seinem Leben und er bleibt. Er erklärt dem Jungen, dass seine Rachegelüste dessen Geist trüben. Er müsse sich als Teil des Großen, Ganzen sehen. Allein und auf Rache sinnend, sei er nicht besser als ein Tschude. Er erzählt, dass er die erste Vision des weißen Rentiers hatte, als er so alt war, wie der Junge jetzt. Beim zweiten Mal war er auf dem Höhepunkt seiner seherischen Fähigkeiten. Nun sei es ihm erschienen, als er dem Jungen begegnete. Dann überfallen die Tschuden sie. Sie foltern den Noajde, um den Aufenthaltsort der übrigen Samen zu erfahren. Doch dieser schweigt. Der Junge erträgt es nicht, wie dem Schamanen das Bein abgeschnitten wird.

Der Junge schlägt einen Deal vor: Er führt die Tschuden den einzigen Weg durch die Berge zum Meer und im Gegenzug lassen sie den Noajde am Leben.

Die Tuschden willigen ein und lassen sich zum Meer führen. Heimlich ermorden die Tschuden den Schamanen und nehmen dessen Talismane an sich. Als der Junge diese entdeckt, plant er die Seilschaft in den norwegischen Bergen in den Abgrund zu führen. Nur zufällig überlebt er dabei selbst und es erscheint ihm ein weißes Rentier in einer Vision. Die Sámi an der Küste beobachten den Tschuden-Treck in den Bergen und planen ihre Flucht. Sie malen sich einen Zwei-Tagesvorsprung aus, da die Tschuden zu Fuß und sie auf Brettern unterwegs sind. Dann sehen sie die Schneelawine, die alle in den Abgrund reißt und wissen die Tschuden vernichtet. Auch den Jungen und den Noajde glauben sie tot. Sie vermuten, dass der Junge seinen Wunsch nach Rache aufgab, um sich für sie zu opfern. Als dieser im Yurtendorf auftaucht, ernennen ihn die Sámi zum neuen Schamanen.

Fortan wurde der Sage nach, das Volk der Sámi nie wieder bekämpft.

Der Begriff Tschude wurde in der Sprache der Sámi mit „Russe, Finne und Schwede“ übersetzt. Heute bedeutet er „Feind“. Die Samen wurden verfolgt, ausgebeutet und misshandelt. „Ich bin mir der Unterdrückung bewusst, die Schweden im Laufe der Geschichte über das samische Volk ausgeübt hat. […] Es gibt auch keine andere Möglichkeit für die schwedische Gesellschaft, voranzukommen, als sich für diese Missbräuche zu entschuldigen“, sagte Annika Åhnberg, eine samische Ministerin 1998.
Mehr als die Hälfte der Sámi, lebt in Norwegen, am wenigsten finden sich in Russland. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Grenze zwischen Finnland und Schweden festgelegt und damit den Samen die freie Überquerung verboten.

Samische Familien wurden getrennt und die Rentiernomanden von ihren Weidegründen abgeschnitten...

Norwegen verbot Ende des 19. Jahrhunderts die samische Sprache. Land konnte nur derjenige besitzen, der Norwegisch sprach und schrieb. In Finnland galten die Sámi als primitiv und wurden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Noch heute schämen sich viele Sámi ihrer Herkunft. Bis ins 20. Jahrhundert wurden die Samen als „Lappen“ diffamiert und durften ihre Bräuche nicht pflegen. Jetzt ist die samische Sprache zwar nicht mehr verboten, doch in den meisten Ländern wird sie immer noch nicht offiziell anerkannt. Aus Angst davor, dass ihre Kinder im Kindergarten oder der Schule diskriminiert werden, sprechen viele Eltern zu Hause kein Samisch. So lernen die Kinder die Sprache nicht. Häufig widmen sie sich dann erst im Erwachsenenalter dem Erlernen. Aber da es auf staatlicher Ebene an finanzieller Unterstützung fehlt, verlernen auch viele Erwachsene die Sprache…

2 Kommentare zu „Flashback – Polarkreis“

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